Stillemomente

Einführung mit zahlreichen Beispielen von Volker Friebel

 

Stille wird oft nur negativ verstanden, als Abwesenheit von Geräuschen, als nicht reden, nicht handeln, sich nicht einmal bewegen dürfen. Vom Kind wird verlangt, für anderes offen zu sein, für Dinge, für Worte, die andere, Erwachsene, ihm vorgeben. Wenn zum Kind von Stille geredet wird, bezieht sich das fast immer auf die Bedürfnisse anderer, kaum je auf seine eigenen. Stille ist für Kinder deshalb häufig negativ besetzt.

Stille-Momente versuchen dagegen, die positiven Qualitäten von Stille herauszustellen. Stille wird dabei als Erlebnisraum für das Kind (und den Erwachsenen) verstanden, in dem Dinge gehört, gesehen, geschmeckt, gerochen, gefühlt werden können, gefühlt werden dürfen, die sonst in der Fülle des Vorhandenen, im Trubel des Alltags von Kindergruppen, untergehen müssen.

Hier einige Beispiele.

Das offene Fenster

Die Kinder sitzen auf einem Stuhl (im Kreis oder – wenn vorhanden – vor einem großen Fenster). Sie sind ganz still und schließen die Augen. Der Kursleiter (in späteren Übungen: ein Kind aus der Gruppe) öffnet ein Fenster. Die Kinder sollen auf alles achten, was von draußen zu hören ist, und sie sollen es sich merken. Der Kursleiter schlägt einen Gong (oder ähnliches), die Kinder machen die Augen auf und berichten, was sie alles gehört haben (Variation: sie malen es).

Je nach Örtlichkeiten kann man die Übung vor verschiedenen Fenstern oder Türen durchführen. Die Zeit mit geschlossenen Augen sollte zumindest beim ersten Mal nicht sehr groß sein, nur etwa eine halbe Minute. Dann kann sie langsam länger werden. Das ist auch davon abhängig, wieviel Geräusche denn zu hören sind. Die Übungen kann auch mehrmals hintereinander durchgeführt werden, wenn die Kinder beispielsweise ein markantes Geräusch nicht berichtet haben oder nicht wussten, was ein bestimmtes Geräusch zu bedeuten hat. Über die Geräusche wird geredet: Woher kommen sie, was haben sie zu bedeuten, wo sind sie üblicherweise zu hören usw.

Hilfsmittel: Geeignetes Fenster muss vorhanden sein; Gong oder Triangel; eventuell Mal-Utensilien.

Verklingender Ton

Die Kinder sitzen mit geschlossenen Augen im Kreis. Der Kursleiter schlägt einen einzigen Ton auf der Triangel – aber schön laut. Die Kinder sollen versuchen, den Ton so lange wie möglich zu hören. Wer meint, dass der Ton verklungen ist, hebt die Hand, hält aber die Augen geschlossen, bis der Kursleiter die Übung beendet.

Variation: Die Kinder haben zuerst die Arme erhoben. Wer den Ton nicht mehr hören kann, senkt den Arm und öffnet die Augen. Vorsicht dabei, dass kein Wettkampf entsteht und jeder den Arm möglichst lange oben lässt, um der letzte zu sein.

Hilfsmittel: Triangel oder Gong oder ähnliches schön lang klingendes Instrument.

Zeit erleben

Die Kinder erleben, wie lange eine Minute ist. Dazu wird eine mitgebrachte Uhr (Wecker oder Eieruhr) als Hilfsmittel verwendet.

Zunächst sollen die Kinder mit den Augen den Sekundenzeiger eine Minute lang verfolgen. Anschließend wird in der gelösten Sitzhaltung und mit verschlossenen Augen versucht, eine Minute lang still zu sitzen. Wer glaubt, dass eine Minute vorüber ist, öffnet die Augen, bleibt aber noch ruhig.

Hilfsmittel: Wecker oder Eieruhr.

Stille-Licht

Eine sehr schöne Stilleübung ist das Stille-Licht. Jedes Kind bekommt dazu ein kleines Glas. An einer großen Kerze in der Zimmermitte werden dann Teelichter entzündet und den Kindern in die Gläser gegeben, eines nach dem anderen. Wenn ein Kind sein Stille-Licht bekommen hat, darf nicht mehr geredet werden. Es setzt sich an seinen Platz im Kreis um die große Kerze. Das Stille-Licht stellt es vor sich hin. Wenn der Kreis vollständig ist, werden einfach ein oder zwei Minuten lang die Kerzen betrachtet. Dann ist die Stille-Übung zu Ende.

Diese Übung eignet sich sehr gut zur Einleitung einer ausführlicheren Entspannungsübung. Die Entspannungsübung würde beginnen, wenn alle Kinder mit dem Stille-Licht ihren Platz gefunden haben.

Kleiner Bär lauscht

Eine Stille-Übung für jüngere Kinder, die gut zum Innehalten in hektischen Alltagssituationen verwendet werden kann, ist (es können auch beliebige andere Tiere verwendet werden). Die Anleitung dazu kann etwa folgendermaßen lauten: „Stell dir vor, was der kleine Bär manchmal macht, wenn er so aufgeregt ist. Komm, wir machen es einmal zusammen! Der kleine Bär steht einfach ein Weilchen da und lauscht. Er steht ganz still, die Beine fest auf dem Boden. Er atmet tief ein und langsam wieder aus … tief ein und langsam wieder aus … ruhig ein und ruhig wieder aus … er macht ein Weilchen lang nichts, er achtet nur genau auf alles, was um ihn herum passiert. Er steht nur da und atmet ruhig ein und aus und achtet auf seine Umgebung … Jetzt macht er die Augen wieder auf und achtet noch ein kleines Weilchen nur auf seine Umgebung.“

 

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