Flügelwelt

Entspannungsgeschichte von Volker Friebel

 

Stell dir vor, du steigst mit Mieze vom Wolkenschloss in ein Traumland hinunter, an langsam treibenden Wolken vorbei, Stufe um Stufe. Stell dir vor, wie du mit jeder Stufe ruhiger und freudiger wirst.

Die Treppe endet in einer Blumenwiese. In der Wiese stehen Häuser. Straßen oder Wege aber kannst du keine entdecken. Mieze faucht in den Himmel. Du siehst auf: Zwei große Vögel flattern dort von den Feldern her.

Sind das denn Vögel? Mieze hat sich geduckt, hat sich ganz an die Erde gepresst. Auch du spürst, wie dein Herz pocht. Das sind keine Vögel, erkennst du, als die Gestalten näher kommen. Das sind Menschen. Mit Flügeln!

Die beiden landen vor einem der Häuser ganz in der Nähe. Ihr geht hin. Es sind zwei Kinder!

„Hallo, ich bin Theo“, sagt der Junge. „Und ich bin Frieda“, setzt das Mädchen dazu. Die beiden nehmen ihre Flügel ab.

„Au!“, sagst du. „Tut das nicht weh?“

Die beiden lachen. „Die Flügel sind künstlich“, sagt Frieda. „Ein integriertes Flugsystem: Influ“, sagt Theo.

„So etwas hab ich noch nie gesehen“, sagst du.

„Ich auch nicht“, schnurrt Mieze.

„Seit wir das in unserer Welt haben, brauchen wir keine Straßen und Autos mehr“, sagt Frieda. „Und es macht Spaß“, sagt Theo. „Wollt ihr auch mal probieren?“

„Ich kann nicht fliegen“, sagst du.

„Ich kann zwar fliegen, mir wird aber immer schwindlig dabei“, behauptet Mieze.

Theo hat ihre Antwort kaum abgewartet. Er ist ins Haus und hat noch zwei Flügelpaare geholt. Ihr schnallt sie euch an. Auch die Kinder legen ihre Flügel wieder an.

„Es ist ganz leicht“, sagt Frieda. „Ich müsst nur die Arme ausbreiten und daran denken, wie ihr fliegen wollt.“

„Die Flügel nehmen eure Gedanken auf und bewegen sich nach ihnen“, ergänzt Theo.

„Na gut“, meinst du.

Es ist gar nicht so einfach, Mieze zwei Flügel an ihren Vorderpfoten anzulegen. Aber dann ist es doch geschafft. Frieda sagt:

„Am besten schließt ihr die Augen und denkt daran, wie die Flügel euch tragen.“

Du probierst das aus – und fühlst dich gleich leichter. Als du die Augen öffnest, schwebst du in der Luft.

Auch Theo und Frieda öffnen die Flügel und steigen auf in den Himmel. Sogar bei Mieze klappt es.

Theo und Frieda zeigen euch ihre Welt.

„Da drüben, das lange, graue Band, war früher die Autobahn“, ruft Frieda durch den brausenden Wind der Höhe. „Das war ein Krach! Heute wächst dort Löwenzahn.“

„Und auf dem großen Parkplatz vor dem Supermarkt wächst ein Wald“, ruft Theo.

Du siehst hinab und siehst tatsächlich ein großes Gebäude mit einem Wäldchen davor. Gerade kommen zwei Erwachsene und einige Kinder aus dem Supermarkt, schnallen ihre großen Rucksäcke fest und steigen auf in den Himmel. „Familieneinkauf“, ruft Frieda. Ein Lieferwagen parkt noch am Möbelhaus. Junge Bäume stehen in der Ausfahrt und lassen kein Auto mehr durch.

Vom Möbelhaus siehst du einen Schlafzimmerschrank mit zwei Flügeln in den Himmel aufsteigen, er folgt einem Mann, der ihn gekauft hat.

Du schließt die Augen und achtest nur auf den Wind und das Gefühl der Leichtigkeit. Du spürst eine große Freude in dir.

„Aber Mäuse gibt es hier oben nicht“, ruft Mieze. Die Kinder lachen.

„Wir sollten zurück“, sagst du schließlich. Ihr landet und verabschiedet euch von Frieda und Theo.

Die Wolkenstufen geht es Schritt um Schritt höher, immer höher, zum Wolkenschloss. Mit jeder Stufe merkst du, wie du ruhiger wirst.

Im Wolkenschloss legt ihr euch auf das große blaue Sofa und schließt die Augen.

Da liegst du – ganz ruhig. Kannst du die Ruhe in dir spüren? Die Ruhe ist überall in dir. – Kannst du spüren, wie schwer du bist? Dein ganzer Körper ist schwer, angenehm schwer. – Kannst du spüren, wie warm du bist? Die Wärme strömt durch deinen ganzen Körper. Du bist warm, angenehm warm. – Dein Atem geht ein und aus, ein und aus, ganz ruhig und gleichmäßig, ganz von allein. – Du bist ruhig, schwer und warm – ruhig, schwer und warm. – So liegst du ein Weilchen und ruhst dich aus. Du ruhst dich aus und spürst die neue Kraft tief in dir wachsen.

Damit kommt die Geschichte langsam zum Ende. Wenn du bereit bist, reckst und streckst du dich und öffnest die Augen.

 

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Eine Geschichte aus dem Buch: Volker Friebel (2019): Entspannungsgeschichten vom Wolkenschloss. Edition Blaue Felder, Tübingen. Mit Illustrationen.

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